Skip to main content

Rückblick auf Saurer 6/10DM

Mit der Einführung der neuen Fahrzeuggeneration, die mit dem Rüstungsprogramm 2010 beantragt worden war, waren auch die Tage der Saurer-Lastwagen bei der Armee gezählt. Sie wurden aus Wartungs- und Kostengründen aus dem Bestand entfernt und müssen neuen Fahrzeugen von IVECO weichen. Wir widmen uns diesem Abschied mit einem Rückblick auf die Geschichte dieser bei der Truppe überaus beliebten Fahrzeuge. [1]

Einführung mit dem Rüstungsprogramm 1982

Nach einer Evaluation von Prototypenfahrzeugen durch die Gruppe für Rüstungsdienste Ende der Siebzigerjahre wurde eine Beschaffung von 1200 Fahrzeugen der Typen Saurer 6DM und Saurer 10 DM in das Rüstungsprogramm 1982 aufgenommen. Am 29. September 1982 billigte nach dem Ständerat auch der Nationalrat den Kredit von 440 Millionen Schweizer Franken für die Motorisierung. [2]

Während sich die Botschaft zum Rüstungsprogramm 2010 vornehmlich der Nennung von Einsparungspotentialen und der energieeffizienten Mobilität widmet, lieferte man 1982 mit dem Beschaffungsantrag eine auf die militärischen Bedürfnisse abgestützte Begründung und detaillierte Erprobungsresultate. Aufbauend auf einem Bedarf von 16 000 Lastwagen im Falle der Kriegsmobilmachung stellte man fest, dass man neben den Requisitionsfahrzeugen immerhin 7 000 armeeeigene und kriegstaugliche Fahrzeuge benötigte. Der Grund für die Neubeschaffung war allerdings derselbe wie heute: Neben der zunehmend unwirtschaftlichen Instandhaltung konnten Ersatzteile für die bestehenden Fahrzeuge der Marken Saurer, Berna und FBW aus den Fünfzigerjahren kaum mehr beschafft werden. [1][3]

Die neuen Fahrzeuge Saurer 6DM/10DM sollten primär die Mobilität und Logistik der gepanzerten Truppen verbessern. Die dadurch freiwerdenden Saurer 2DM sollten dann jenen Formationen zugeteilt werden, die noch mit zu liquidierenden Fahrzeugen motorisiert waren. [3]

Schwerpunkte der Erprobung und Truppenversuche

Ende der Siebzigerjahre erfolgte die Bewertung verschiedener Prototypen durch die Gruppe für Rüstungsdienste GRD, die später auch die Beschaffung durchführte. Einbezogen wurden zwei- und dreiachsige allradgetriebene Fahrzeuge der Hersteller Adolph Saurer AG, Steyr-Daimler-Puch AG (Österreich) und Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG (Bundesrepublik Deutschland) mit einer Nutzlast von sechs und zehn Tonnen. Um zu prüfen, ob sich handelsübliche Fahrzeuge für den Truppeneinsatz eignen könnten,  wurden auch zivile Lastwagen von Saurer in das Erprobungsprogramm einbezogen. Schwerpunkte während der Erprobung waren:

  • Mannschaftstransporte
  • Material- und Munitionstransporte
  • Palettenverlad
  • Auf- und Ablad von Mannschaft und Material ab Rampe und im Feld
  • Geländegängigkeit
  • Möglichkeit des Bahnverlades (Tunnelprofil)
  • Unterhalt und Infrastruktur
  • Befahrbarkeit unterirdischer Anlagen der Armee
  • Höhe der Ladebrücke

Das technische Versuchsprogramm umfasste unter anderem Fahrversuche auf der Strasse und im Gelände, Versuche auf Prüfpisten, Seilwinden- und Winterfahrversuche aber auch die Beurteilung des Wartungsaufwands und der Reparaturfreundlichkeit. Auf Grundlage der Erprobungsergebnisse erhielten die Lieferanten während neun Monaten die Gelegenheit, festgestellte Mängel zu verbessern. [3]

Im Jahre 1980 erfolgen im Anschluss an die technische Erprobung die Truppenversuche in Rekrutenschulen und Wiederholungskursen. Als Resultat der Truppenerprobung stellte man die Truppentauglichkeit der Fahrzeuge von Saurer und Steyr (Österreich) fest. Der Prototyp von MAN konnte nicht weiter berücksichtigt werden, weil seine hohe Ladefläche wegen der Schraubenfederung den Auf- und Ablad im Feld in untragbarer Weise erschwerte. [3]

Die Truppenversuche zeigten auch, dass zur Erleichterung des Milizpersonals halbautomatische Getriebe, Retarder und leistungsstarke Motoren jedenfalls zur Ausstattung der neuen Fahrzeuge gehören sollten. Nachdem sowohl der Saurer 2DM als auch der Steyr A680 nur 2,3 Metern breit waren, beurteilte man die neue Fahrzeugbreite von 2,5 Metern jedoch als unproblematisch. Die vergleichsweise Erprobung ziviler Lastwagen führte zum Ergebnis, dass eine Truppentauglichkeit wegen ungenügender Geländeeignung und zu kleiner Ladefläche nicht gegeben war. [3][4]

Entscheid und Beschaffung

Die Saurer-Modelle 6DM und 10DM wurden nach der Erprobung als grundsätzlich beschaffungsreif erklärt. Weil die endgültige Gestaltung des Fahrgestellrahmens und die Entwicklung einzelne Komponenten des Antriebsstrangs noch nicht abgeschlossen waren, wurde eine Nacherprobung 1982 angesetzt, das technische Risiko dafür allerdings als mittel bewertet. Aus technischer Sicht überzeugten die Saurer-Fahrzeuge, weil sie einerseits dem modernen Fahrzeugbau entsprachen, aber andererseits ihre wichtigsten Komponenten wie Motoren und Getriebe aus bereits bewährter Serienproduktion stammten. Zudem sind, mit Ausnahme der Einspritzpumpe und der Mittelachse, alle Baugruppen zwischen 6DM und 10DM gleich und somit austauschbar. Als besonderer Vorzug der Saurer-Fahrzeuge galt zudem ihre komfortablen Bedienung. [3]

Als Resultat der Erprobung beantrage der Bundesrat mit seiner Botschaft vom 17. Februar 1982 dem Parlament die Beschaffung von insgesamt 400 Lastwagen zum Preis von 160 Millionen Schweizer Franken wie folgt:

  • 220 Lastwagen geländegängig 6 Tonnen 4 x 4, wovon 70 Stück mit Seilspill
  • 180 Lastwagen geländegängig 10 Tonnen 6 x 6, wovon 60 Stück mit Seilspill
  • Ersatzteile, Spezialwerkzeuge und Test-Messgeräte
  • Dokumentation für die Ausbildung und den Unterhalt

Umso bemerkenswerter ist der Bundesbeschluss über das Rüstungsprogramm 1982, der tatsächlich einen Kredit über 440 Millionen Schweizer Franken für die Motorisierung bewilligte. Insgesamt wurde gegenüber der Botschaft die dreifache Stückzahl bestellt und damit der Schweizer Industrie ein Auftrag über 1200 Lastwagen erteilt. Wie der Beschluss ausdrücklich festhält, waren rund 77 Prozent des Gesamtvolumens für die Schweiz beschäftigungswirksam. [3]

Hersteller Adolph Saurer AG

Die Beschaffung der Lastwagen 6DM und 10DM bedeutete für die Adolph Saurer Aktiengesellschaft die Verlängerung der Nutzfahrzeugproduktion um vier Jahre, denn schon 1982 verliess der letzte zivile Lastwagen das Werk in Arbon. Die Saurer AG hatte seit Jahrzehnten verschiedene militärische Fahrzeuge an die Schweizer Armee geliefert, darunter die auch heute noch bekannten Modelle 2DM und D330. Mit der Auslieferung des letzten Saurer 10DM im Jahre 1987 an die Schweizer Armee endete auch die Nutzfahrzeugproduktion der Saurer AG. [5]

Wie sehr man damals bei Beschaffungen auch auf die eigene Wirtschaft Rücksicht nahm, zeigt eine Bemerkung in der Botschaft an das Parlament. Dort heisst es wörtlich:

«Um eine kontinuierliche Produktion sicherzustellen, müsste ein Anschlussauftrag im Rahmen eines Rüstungsprogrammes 1984 bewilligt werden.»

Nicht nur war man damals bereit, die Produktion der Saurer AG um einige Jahre zu verlängern; man sorgte auch für den Fall vor, dass eine Nachbestellung erfolgen sollte, bevor die Produktion endgültig geschlossen würde. [3]

Technik und Besonderheiten

Die beiden in grosser Anzahl beschafften Fahrzeuge der Typen Lastw 6 t gl 4x4 Saurer 6 DM und Lastw 10 t gl 6x6 Saurer 10 DM sowie auch die Versionen mit Seilwinde kommen bei zahlreichen Verbänden zum Einsatz und sind wohl in ihren Standardausführungen allen Angehörigen der Armee bekannt.

Technische Daten
TypLastw 6 t gl 4x4 Saurer 6 DMLastw 10 t gl 6x6 Saurer 10 DM
Nutzlast6 000 kg10 000 kg
Gesamtgewicht15 750 kg21 750 kg
Länge7.70 m8.90 m
Breite2.50 m2.50 m
Höhe3.47 m3.47 m
Profilkreis18 m19.5 m
Leistung184 kW235 kW
Hubraum11 946 cm³11 946 cm³
Paletten1012

Jene Wagen, die über ein Seilspill verfügen, haben jeweils ein um 250 kg höheres Leer- und Gesamtgewicht, wodurch die Nutzlast unverändert bleibt. Bemerkenswert ist zudem der für einen Allradantrieb ungewöhnlich geringe Profilkreisdurchmesser, der weder vom vergleichbaren Lastw 5.6 t gl 4x4 Steyr 1291 mit 20.5 Metern oder auch nur vom Lastw WA 9.1 t sch gl 4x4 Iveco 190E35W mit sogar 21.1 Metern erreicht wird. Auf Passstrassen, wie etwa der Nordrampe des San Bernardino, lässt sich dieser Vorteil eindrücklich erleben. [4]

Obwohl die elektropneumatische Betätigung des fünfstufigen Hauptgetriebes sowie der Halbgänge dem routinierten Motorfahrer einen komfortablen Gangwechsel ermöglicht, erfordert das ruckfreie Schalten viel Erfahrung und Gefühl. Die auf der Brücke transportierte Mannschaft wird mangelnden Erfolg hierbei spätestens beim Öffnen des Ladens detailliert kommentieren.

Im Gelände sorgen die Drehmomentüberhöhung des Föttinger-Wandlers und die kurzen Gänge für ein feinfühliges und kraftvolles Vorankommen. Zusätzlich verfügbare Differentialsperren, sehr grosse Böschungs- und Rampenwinkel sowie die hohe Achsverschränkung verleihen den Saurer 6DM und 10DM unerreichte Geländetauglichkeit.

Auf der Strasse bietet der Saurer eine gute Übersicht und kann dank seiner Motorenleistung im Verkehr mithalten. Der wirkungsvolle Retarder überrascht den ungeübten Lenker, ermöglicht aber verschleissarmes Fahren insbesondere im Gebirge, wo zudem der enge Wendekreis dem Fahrer so manches Reversieren erspart. Für den Bahnverlad kann das Blachenverdeck um 27 Centimeter abgesenkt werden.

Spezialausführungen

Neben den Standardvarianten wurden auch zahlreiche Saurer 6DM und 10DM für besondere Aufgaben auf- und umgebaut. Teilweise verlangen diese Spezialversionen eigene Führerausweiskategorien, wie etwa der Kranwagen, der überdies auch noch ein erhöhtes Gesamtgewicht von 24.5 Tonnen aufweist. Sicher nicht abschliessend ist folgende Übersicht:

  • Kranw 20 t (75 mt) sch gl 6x6 Saurer 10 DM Gottwald (Autokran)
  • Löschw sch gl 4x4 Saurer 6 DM/Brändle (Flugfeldlöschfahrzeug)
  • Lastw 10 t gl 6x6 Saurer 10 DM TAFLIR Antenne (Fliegerradar)

Abschlussübung der GMMU

Aus Anlass der Ausmusterung der Saurer 6/10DM führte unsere Gesellschaft eine Übung auf der Geländepiste in Wangen an der Aare durch, wo diese Fahrzeuge Ihre einzigartigen Eigenschaften noch ein letztes Mal beweisen konnten.